Ein Artikel von Lenka Mareckova Cecetkova, ZYQ Lehrerin (Slowakei)
Übersetzung: Nataliya Urban
Zhong Yuan Qigong ist ein System der Selbstentwicklung mit klar definierten Phänomenen und Ergebnissen, die beim Praktizieren einer jeden Stufe erreicht werden können.
ZYQ zu erlernen beginnen wir mit der ersten Stufe.
1.Stufe: Ziel – Zustand der Entspannung (um Gesundheit zu erreichen);
2.Stufe: Ziel – Zustand der Stille (um Glücksgefühl zu erreichen);
3.Stufe: Ziel – Zustand der Pause (um die Entwicklung der Yin-Shen Seele zu beginnen);
4.Stufe: Ziel – Weisheit (man bekommt die Yuan-Shen Seele);
5.Stufe – Wahrheit (man bekommt die Yang-Shen Seele).
Wenn wir über die Ziele und Ergebnisse der ersten und der zweiten Stufen sprechen, so können wir sie mehr oder weniger gut nachvollziehen. Wenn der Körper sich entspannt und die Gesundheit sich bessert, spürt man das deutlich. Wenn der Geist ruhiger wird und man immer mehr Glück im Leben findet, so wird man auch das bestimmt merken.
Andere Phänomene haben allerdings einen etwas mysteriöseren Charakter. Das bezieht sich z.B. auf den Zustand der Pause, der das Ergebnis der Praktik nach der 3.Stufe sein soll. In diesem Zustand kann die Seele den Körper verlassen. Die „Pause“ öffnet uns eine Tür zu den höheren Ebenen des Qigong, zur echten geistigen Entwicklung.
In der ZYQ Schule spricht man von der eigentlichen spirituellen Entwicklung erst nach dem Erreichen der Pause.
Geistige Entwicklung bedeutet, dass die Seele die Möglichkeit hat, hinauszugehen um zu lernen; sie muss sich also vom Körper trennen können, um an andere Orte zu gehen, dort Informationen aufzunehmen und die eigene Weisheit zu vertiefen.
Auf den ersten drei Stufen ZYQ trainieren wir unseren Körper, unsere Energie und unseren Geist, und das bereitet uns für die Möglichkeit vor, den Pausenzustand zu erreichen.
Die Pause an sich hat mehrere Abstufungen. Sie entwickelt sich allmählich, vom Aufhören der Gedankenaktivität, zum tiefen Ruhezustand im ganzen Körper und weiter bis zum Punkt, auf dem die Seele bereit ist, den Körper zu verlassen. Am Anfang ist es nur für eine kurze Zeit, später – für länger.
Solche Prozesse brauchen Zeit. Manche Praktizierende können solche Ergebnisse innerhalb von einigen Monaten erreichen, bei anderen dauert das einige Jahre. Alles hängt vom Zustand des Körpers und des Verstandes/Geistes ab, sowie vom persönlichen Schicksal.
Normalerweise spricht man nicht häufig über die Pause im ZYQ Unterricht, aber Großmeister Xu Mingtang redet darüber in jedem seiner Seminare. Warum? Weil das Erreichen dieses Phänomens (erst recht die mehrfache Wiederholung) immer noch nicht sehr häufig passiert . Deswegen können vergleichbar wenige, vom Großmeister abgesehen, über dieses Thema aus ihrer eigenen Erfahrung sprechen.
Andererseits ist die Pause das Ergebnis, worauf wir uns beim Praktizieren orientieren sollen. Die Pause macht das Üben von Qigong zu einer Praktik, die zu einer wahren Freiheit führt. Ab der Pause beginnen wir etwas wirklich neues, originelles zu erlernen. Danach können wir Schritt für Schritt zum „eigenen Lehrmeister“ werden, nur von unseren spirituellen Lehrern begleitet.
Ab und zu geschieht es, dass jemand auf einem Seminar vom Großmeister es erlebt, dass die Seele aus dem Körper hinausgeht. Es passiert auch, dass so eine Person gar nicht mehr zu den Seminaren kommt. Manchmal befreit man sich dabei von der Todesangst, braucht aber keine weitere Entwicklung. Manch einer versteht einfach nicht, was geschehen ist. Wie der Großmeister es einst ausdrückte: manchen Menschen hilft nicht einmal die Pause.
Was kann man daraus schlussfolgern?
Wir müssen nicht nur etwas tun, sondern auch verstehen, was wir tun und wofür. Was ist unser Ziel und wohin führt die Reise? Warum praktizieren wir Qigong und was wollen wir dadurch erreichen?
Wir müssen die Phänomene kennen, denen wir begegnen können, und wir müssen fähig sein, sie zu analysieren, damit jede(r) für sich weiß, wo genau in der persönlichen Entwicklung man im Moment steht. Und natürlich, was man wann tun kann, um weiterzukommen.
Dieses Jahr haben wir in Shaolin eine Art Durchbruch erlebt. In der ZYQ Schule gibt es bereits eine Gruppe Menschen, die das Niveau der 4.Stufe wirklich erreicht haben und deren Seelen sich bereits teilen können (die Praktik der Yuan-Shen Seele). Sie sind normale Menschen, so wie wir alle, manche sind ZYQ LehrerInnen oder HeilerInnen, manche sind „einfache“ Praktizierende. Normale Menschen, nichts besonderes.
Dieses Jahr in Shaolin konnte auch ich meine Praktik der 3.Stufe abschließen, den Pausenzustand erreichen und dadurch die sogenannte erste Stufe der Entwicklung der Seele erreichen - die qualitativ veränderte Yin-Shen Seele, auch „der unsterbliche Keim“ genannt. Ich kann also alles, was oben beschrieben wurde, aus eigener Erfahrung bestätigen. Und ich bin gespannt auf die Fortsetzung dieser Entwicklung.
Ja, es ist tatsächlich so, wie man in den Büchern schreibt. Schritt für Schritt zu einem Ergebnis. Die Zuversicht, dass wir etwas erreichen werden, und beständige Arbeit werden die gewünschten Ergebnisse bringen. Man weiß nur nicht, wann genau und wie genau sie sich realisieren werden...
Am Ende des Retreats hatte der Großmeister gestanden, dass er fast enttäuscht worden wäre, dass es uns (westliche Menschen) so viel Zeit kostet, um einen echten Fortschritt zu machen. Allerdings nach diesem Retreat, wo er unsere Phänomene sehen konnte, ist er sicher, dass bereits viele Praktizierende eine Möglichkeit haben, die höchste Ebene der Entwicklung – die sogenannte Yang Shen in diesem Leben zu erreichen.
Nun, vielleicht brauchen wir, die Menschen der westlichen Zivilisation, tatsächlich etwas Zeit. (Besonders lange scheint es zu dauern, wenn man vieles aus dem vorher gesammelten Lebenswissen wieder vergessen/umlernen muss). Es heißt aber keinesfalls, dass wir keine echten Ergebnisse bekommen können. Zhong Yuan Qigong als System ist genau deswegen so großartig, weil es erlaubt, einerseits ein ganz normales Leben zu führen, und andererseits sehr großen Fortschritt in der Praktik zu erreichen.
Wenn Ihr Euch also nächstes mal fragt, wer sind sie, die Menschen, die eine richtige geistige Entwicklung praktizieren, die Ergebnisse bekommen, über die man nur in Büchern lesen kann, die dem Pfad der Meister folgen, - vergesst dabei nicht in den Spiegel zu schauen, oder, noch besser, auf das eigene „wahre Ich“.
Ihr werdet wahrscheinlich angenehm überrascht, dass das eigentlich Ihr selber seid!
P.S. Was kann uns helfen, gute Ergebnisse zu bekommen?
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ZYQ aus einem wahren Interesse heraus zu praktizieren (nicht weil ich muss, sondern weil ich möchte);
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ein tiefer, inniger Wunsch gewisse Ergebnisse zu erreichen (ein Wunsch des Herzens, keine Begierde);
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ein gutes und erfüllendes Alltagsleben, das man gerne für immer weiterführen würde, oder, im Gegenteil, Schwierigkeiten, die man erst überwinden muss. (In meinem Fall war es so: zuerst Probleme, die ich bewältigen musste und konnte, und dann ein glückliches Leben);
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ein Persönlicher Schüler (personal student) des Großmeisters zu sein;
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regelmäßige Teilnahme an Weiterbildungen (Seminare, Marathone usw.), insbesondere an den Veranstaltungen mit dem Großmeister (wo besonders starke Energien zu spüren sind, dank der Präsenz von vielen Praktizierenden und dem Großmeister selber);
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Retreats in Shaolin sind definitiv die mit den besten Ergebnissen (die meisten Praktizierenden erleben den Ausstieg der Seele aus dem Körper und wiederkehrende Pausenzustände in Shaolin. Ich kann das nur bestätigen, jedes Retreat in Shaolin war für mich ein Schritt nach vorn in der Praktik);
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gute Ernährung durchgehend und der Bi Gu Shi Qi Zustand ab und zu (die meisten Praktizierenden erreichen den Pausenzustand während Bi Gu Shi Qi - der Praktik der 3.Stufe ZYQ, die in der Aufnahme von Qi durch den Bauchnabel ohne Nahrungsaufnahme besteht und in Shaolin intensiv praktiziert wird);
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Sexuelle Enthaltung zu bestimmten Zeiten;
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Entspannung und Abwesenheit der Fixierung auf eine bestimmte Methode oder Praktik (es ist wichtig, richtige Dinge zum richtigen Zeitpunkt zu tun. Manche Menschen praktizieren nur ZYQ, manche nutzen verschieden Methoden; ich persönlich gehöre zu der zweiten Gruppe);
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Nicht zu versuchen, perfekt zu sein/werden: viele Menschen trauen sich nicht, bestimmte Dinge zu tun, weil sie meinen, sie wären nicht gut genug darin. Aber wir lernen doch auf dem Weg!
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Flexibilität: nicht alles geschieht so, wie wir uns ursprünglich vorgestellt haben. Wenn wir in einem solchen Fall nicht auf „unseren“ Plänen und Vorhaben fest beharren, sondern Dinge nehmen, so wie sie kommen, können wir am Ende angenehm überrascht sein...